Zu 6:00 Uhr habe ich den Wecker gestellt. Es hätte gar nicht des Klingeltons bedurft, da ich schon vorher wach wurde. Es folgt der übliche Gang zur Toilette und dann nach unten in die Küche. Oh, oh, oh - Wieder einmal schmerzt mich meine Magengegend sehr heftig. Was habe ich also gestern falsch gemacht. Dabei denke ich, dass ich ja gestern Abend an einem Thema dran war, das noch nicht spruchreif, aber sozusagen in der Mache ist, das jedenfalls sagen mir meine nächtlichen Gedanken. Noch bevor ich den Kaffee aufbrühe, gehe ich hinüber in das Wohnzimmer und schalte den Fernseher ein, ohne nach einem bestimmten Programm zu schielen. Das ist ja gerade immer das Spannende, nicht zu wissen, was mich im nächsten Moment erwartet.
In der Küche stehend, höre ich mit einem Ohr, dass es sich um eine Frau handelt, die schon 107 Jahre alt ist und ein Auge sieht, übrigens ohne Brille,
eine ganz in rot gekleidete Frau. Und noch etwas bekomme ich mit, dass sie in verschiedenen Sprachen mit unterschiedlicher Betonung spricht. Am unteren Rand vom Fernsehbild läuft eine deutsche Übersetzung mit, die ich aber wegen der schlechten Sehleistung nicht lesen kann. So höre ich mehr als ich sehe und das ist gut so. Denn als ich mich doch noch dazu entschließe eine Brille aufzusetzen, kann ich den Nuancen ihrer Stimme nicht mehr folgen, was ich ein wenig bedauere. Mit ihren Erzählungen schafft sie es, mich immer wieder an die Empfindungen heranzuführen, die ich spürte, als ich mit meiner Schulklasse
( 1995 - 1998 evangelische Krankenpflegeschule )
Theresienstadt, insbesondere den Kinosaal, besuchte. Auch heute noch bin ich der damaligen Schulleitung dankbar, dass sie mich dorthin geführt hat und mich in einer so wunderbaren Weise ein Konzert in einer alten kleinen Kirche, die in Prag steht, hören hat lassen.
Was die Musik selbst in so ausweglosen Situationen zu leisten vermag, das erzählt sie uns in diesem Beitrag und dem kann ich nur beipflichten. Auch meine Magenschmerzen sind jetzt nach ihren musikalischen Einlagen verschwunden.
Diese Frau, von der ich immer nur den Nachnamen höre, schildert die Details so, wie ich sie damals unwissentlich in der Stadt erlebt habe.
Und während ich dem immer mal eingeblendeten Klavierspiel begeistert zuhöre, ( man muss wissen, dass ich früher Klavierspielen geradezu hasste, aber das ist eine andere Geschichte ) sind all die Erinnerungen wieder da.
Auch der Wunsch meiner ältesten Tochter, die das Klavierspielen lernen wollte und es nicht durfte, weil mir einfach das Verständnis dafür fehlte.
Folge ich aber der Weisheit dieser Dame, dann darf ich nicht vergessen, dass das ganze Leben ein Geschenk ist und so bin ich froh, den Beitrag mit der Alice Sommer, so heißt die Grand Dame, auf ARTE + 7 gesehen zu haben, die trotz all der Entbehrungen 107 Jahre alt geworden ist.
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